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XI. TEIL

Versuch des Europäischen Parlaments, die Türkei - möglichst vor Aufnahme der Beitrittsverhandlungen am 03.10.05 oder bald darauf - zur Anerkennung Zyperns zu bewegen




1. EU-Parlament stellt Ankara neue Bedingung


Die türkische Regierung will über nichts Geringeres als eine Vollmitgliedschaft sprechen und droht Wien

von Hannelore Crolly



http://www.welt.de/print-welt/article167781/EU-Parlament_stellt_Ankara_neue_Bedingung.html
Die türkische Regierung hat vor Verhandlungsbeginn über den angestrebten Beitritt zur EU damit gedroht, den Gesprächen in Luxemburg fernzubleiben, falls Österreich, das als einziger EU-Staat fordert, in den sogenannten Verhandlungsrahmen mit der Türkei ausdrücklich eine Alternative zur Vollmitgliedschaft aufzunehmen, nicht vorher auf den Kurs der restlichen 24 EU-Mitgliedsländer einschwenke. Die türkische Regierung lehnt Vorschläge etwa für eine privilegierte Partnerschaft vehement ab. Ohne eine einstimmige Vorlage der EU-Diplomaten müßten die Außenminister erneut diskutieren. Österreich verweist auf die immensen Vorbehalte in der EU-Bevölkerung. Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hatte schon beim EU-Gipfel im Dezember 2004 gegen den Widerstand der anderen Regierungschefs die Formel von "ergebnisoffenen" Gesprächen durchgesetzt.

Der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen habe sich erstmals ebenfalls grundsätzlich skeptisch über den Beitritt geäußert.

„Für Kritik sorgt vor allem die Weigerung Ankaras, Zypern anzuerkennen. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn hat gestern erneut ausdrücklich auf eine baldige Anerkennung gedrängt, sein Kollege aus dem Verkehrsressort, Jacques Barrot, droht gar mit einer Blockade der Beitrittsverhandlungen, sollte die Türkei seine See- und Flughäfen nicht für Verkehr aus Zypern öffnen.

Auch das EU-Parlament hat deutliche Warnsignale in Richtung Türkei gesendet.“

DIE WELT 29. September 2005


2. EU-Parlament macht Druck auf Türkei


Anerkennung Zyperns verlangt / Wien droht mit Blockade der Beitrittsgespräche

Der Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei am Montag ist noch nicht gesichert. Österreich droht, den Start der Gespräche zu blockieren. Das Europapaparlament verlangt weitere Zugeständnisse der Türkei.

In dem leider nicht mehr im Internet aufrufbaren Artikel wird berichtet, dass das Europaparlament wenige Tage vor Beginn der Verhandlungen mit der Türkei den Gesprächen zwar grundsätzlich zugestimmt, gleichwohl neue Bedingungen formuliert habe.

„Österreich versucht, im Verhandlungsrahmen den Begriff privilegierte Partnerschaft gleichberechtigt mit dem Ziel der Mitgliedschaft unterzubringen. Eine Variante, die die türkische Seite bisher nicht akzeptabel fand.“

„Zusätzlich gefährdet die Weigerung der Türkei, das EU-Mitglied Zypern völkerrechtlich anzuerkennen, die Verhandlungen. Das Parlament verlangt, zeitnah zum Verhandlungsbeginn solle Ankara Zypern anerkennen, die Bestimmungen aus der Zollunion mit der EU umsetzen und zyprischen Schiffen und Flugzeugen Landerechte gewähren, was Ankara bisher ablehnt. Geschehe dies nicht, müssten die Verhandlungen sofort abgebrochen werden, erläuterte der Fraktionschef der Sozialisten, Martin Schulz, den Parlamentsbeschluss. Als klare Warnung an Ankara verschob das Parlament zudem die Ratifizierung der Zollunion mit der Türkei.

Nach Ansicht der Mehrheit der EU-Parlamentarier muss aber nicht nur die Türkei die Voraussetzungen für einen Beitritt schaffen. Auch die Aufnahmefähigkeit der EU müsse durch eine Reform ihrer Institutionen sicher gestellt sein.“

FR 29.09.05



3. Brüsseler Eigentor in Sachen Türkeipolitik


Das EU-Parlament stimmt für geplanten Beginn der Beitrittsverhandlungen.

Ankara-Protokoll auf Eis gelegt



http://www.taz.de/dx/2005/09/29/a0124.1/text.ges,1
Die taz empfand es als „kurioses Eigentor“, dass das EU-Parlament in Straßburg für den Beginn der Beitrittsverhandlungen am 3. Oktober gestimmt, das Ankara-Protokoll aber, das die Zollunion auf die zehn neuen Mitgliedsländer einschließlich Zyperns ausdehnt und mittelfristig zur Anerkennung Zyperns durch die Türkei führen soll, zunächst auf Eis gelegt habe.

„Damit will das Parlament von der türkischen Regierung die Garantie erzwingen, dass das Ankara-Protokoll im türkischen Parlament ohne einschränkende Zusatzerklärungen ratifiziert wird. Ankara hatte Ende Juli erklärt, die Ausweitung des Protokolls auf alle 25 EU-Staaten bedeute keine Anerkennung der griechischen Republik Zypern. Zypriotische Flugzeuge dürften türkisches Territorium auch künftig nicht überfliegen, Schiffe nicht in türkischen Häfen landen.“

taz Nr. 7781 vom 29.9.2005

Ankara verstößt gegen Vereinbarungen


Die Türkei erkennt die Regierung des griechischen Südens Zyperns nicht an und unterstützt dagegen die international isolierte Regierung des türkischen Nordteils der Insel. Trotz deutlicher Kritik der EU verweigert die Türkei weiterhin Schiffen und Flugzeugen aus der von ihr nicht anerkannten Republik Zypern den Zugang zu ihren Häfen und Flughäfen. Aus Sicht der EU verstößt die Regierung in Ankara damit gegen Vereinbarungen, die vor Beginn der Beitrittsverhandlungen geschlossen wurden. Die Türkei sieht dies anders.

FAZ-NET 10.06.06

Die konkreten Beitrittsverhandlungen wurden trotz dieser weiterhin beibehaltenen Haltung der türkischen Regierung aufgenommen, weil das – bedauerlicherweise vor Lösung des Zypernkonflikts - frisch in die EU aufgenommene Mitglied (griechisches) Zypern, das vorher sein Veto gegen den Beginn der Verhandlungen über das erste Kapitel Wissenschaft und Forschung eingelegt hatte, durch einen typischen EU-Kompromiss dazu gebracht worden war, statt seiner ablehnenden nunmehr eine abwartende Haltung einzunehmen, nachdem die EU der Türkei gegenüber klargestellt hatte, dass die Türkei die EU, der sie ja beitreten möchte, nur als Ganzes haben könne. Es stehe der Türkei nicht zu, nach eigenem Belieben zu entscheiden, welche EU-Mitglied­schaften zu akzeptieren sie bereit sei!


4. EU rettet Beitrittsgespräche mit Türkei

Die EU-Außenminister haben ein Scheitern der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abgewendet. Die Gespräche waren ernsthaft gefährdet, nachdem Zypern ein Veto angedroht hatte, weil Ankara die Republik auf der südlichen Hälfte der Insel bislang nicht anerkennt. Zypern, das Ankara zur Anerkennung zwingen wollte, gab seine Blockadeposition auf.

Trotz des erzielten Kompromisses stehen die Chancen auf einen schnellen Beitritt der Türkei schlecht.

Der Abgeordnete des EP Hänsch schlug als Alternative "andere Formen der engen partnerschaftlichen Zusammenarbeit" mit der EU vor. Mit dieser Position setzt sich der Sozialdemokrat von der offiziellen Haltung seiner Partei ab, die eine EU-Vollmitgliedschaft der Türkei anstrebt, während die CDU eine so genannte "privilegierte Partnerschaft" angeregt hatte.

Financial Times 13.06.06


5. EU verwarnt türkische Regierung nachdrücklich

Nach heftigem internen Ringen mit dem international anerkannten griechischen Teil der Insel einigten sich die Außenminister der EU in Luxemburg auf eine ernste Warnung an die Türkei. Sie forderten die türkische Regierung auf, endlich die Zollunion auf sämtliche EU-Staaten einschließlich Zyperns auszudehnen. Geschehe dies nicht, so werde dies "den Gesamtfortschritt der Beitrittsverhandlungen beeinträchtigen", heißt es in der Erklärung. Zypern, das zunächst die Verhandlungen blockieren wollte, erklärte sich daraufhin zur Teilnahme bereit.


„Zypern hatte gefordert, die Türkei müsse in dem Verhandlungspapier noch einmal nachdrücklich aufgefordert werden, das so genannte Ankara-Protokoll zu ratifizieren. Mit diesem Protokoll wird die Zollunion zwischen der Türkei und der EU auch auf die zehn im Mai 2004 beigetretenen Mitglieder ausgeweitet, zu denen Zypern gehört. Das würde de facto die Anerkennung des Inselstaates durch die Türkei bedeuten. Bisher verweigert die Türkei zyprischen Schiffen den Zugang zu türkischen Häfen. Nach Auffassung der Türkei handelt es sich bei der Hafennutzung um eine Dienstleistung, die nicht unter die Bestimmungen der Zollunion fällt. Ankara verlangt, dass die EU den direkten Handel des türkischen Nordens der geteilten Insel mit der Europäischen Union zulässt. Die EU verweigert dies, um dem Norden, der seit 1974 von türkischen Truppen besetzt ist, nicht anzuerkennen.“
Die wirklich schwierigen Punkte wie Menschenrechte, Religionsfreiheit, die Kurdenfrage oder die türkische Haltung zum Völkermord an den Armeniern wurden nicht angesprochen.

„Selbst wenn diese Probleme alle gelöst sind, muss der Türkeibetritt noch durch alle Mitgliedsstaaten ratifiziert werden, in Frankreich mit einer Volksabstimmung. Experten gehen davon aus, dass weder die EU noch die Türkei ein französisches Veto riskieren wollen.“ reck/dpa

FR 13.06.06


6. Warnung an die Türkei


Europäische Union erwartet von Ankara die Anerkennung Zyperns - Brüssel droht ansonsten mit einem Scheitern der Beitrittsgespräche

von Christiane Buck und Manfred Pantförder



http://www.welt.de/print-welt/article222781/Warnung_an_die_Tuerkei.html
Die EU-Außenminister forderten die türkische Regierung auf, die Zollunion auf die EU einschließlich Zyperns auszudehnen. In dem geänderten Vorwort heißt es: "Geschieht das nicht, werde dies den Gesamtfortschritt der Beitrittsverhandlungen beeinträchtigen."

Nikosia beklagt, daß Ankara das EU-Neumitglied boykottiert. Fünfmal habe die Türkei bei Entscheidungen in internationalen Organisationen Veto gegen Zypern eingelegt, sagte der griechisch-zyprische Minister. Das könne die EU-Kommission bei ihrer Bewertung nicht übergehen.

„Aus der Türkei kamen im Gegenzug Drohungen: Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat mit Blick auf den Streit um die Beitrittsverhandlungen mit einer "neuen Politik" seines Landes gedroht. Wenn der Verhandlungsprozeß von politischen Erwägungen überschattet werden sollte, werde die Haltung der Türkei künftig "ganz anders" aussehen, sagte er in Ankara.“
DIE WELT 13. Juni 2006

7. Kommentar: Türkische Pflichten


von Manfred Pantförder
„Für den Beginn von Beitrittsgesprächen mit der Europäischen Union war die türkische Regierung im vergangenen Jahr bereit, so ziemlich alles zu unterschreiben. Umgesetzt wurden die eingegangenen Verpflichtungen bis heute allerdings nicht, und die Europäer sahen weitgehend hilflos zu. Nun setzen die 25 EU-Staaten endlich ein deutliches Zeichen, daß die Beitrittsgespräche keinesfalls zum Selbstläufer werden, wenn Ankara wie bisher taktiert.“
Ankara erkennt Zypern nicht an und setzt nicht einmal die Zollunion um, obwohl der freie Warenverkehr essentiell für die EU ist, was die Türkei mit ihrer Unterschrift auch anerkannt hat.“

„Der Fortgang der Beitrittsgespräche hängt jetzt mit der Umsetzung der Zollunion und letztlich mit der Anerkennung Zyperns durch die Türkei eng zusammen. Die EU hat damit endlich auch dem kleinen Zypern den Beistand gewährt, den ein Neuling verdient. Denn Sicherheit war es vor allem, was sich die Ferieninsel im Mittelmeer von der EU-Mitgliedschaft erhoffte. Darauf wartet sie bislang noch vergeblich angesichts von 35 000 türkischen Soldaten im Norden. Zypern hat nun dafür gesorgt, daß die Meßlatte für Ankara deutlich höher gelegt wurde.“

DIE WELT 13.06.06


8. Türkei läßt Zypern-Frage eskalieren

Beitritt: Ankara besteht bei der EU auf "Anderer Auffassung"

Trotz Warnungen der 25 EU-Staaten vor einem möglichen Scheitern lehnte die türkische Regierung beim EU-Außenministertreffen in Luxemburg Zugeständnisse in der umstrittenen Zypern-Frage ab. Zypern beklagt, daß seine Schiffe nach wie vor türkische Häfen nicht anlaufen dürfen.

Der türkische Außenminister Abdullah Gül bedauerte, dass die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU durch die Zypern-Frage "unnötig vergiftet" würden. Ankara habe hier "andere Auffassungen" als die EU. Eine Einigung macht Ankara von Erleichterungen für die türkischen Zyprer abhängig, die im seit 1974 von der Türkei besetzten Nordteil der Insel leben.

ap, dpa

HH A 14.06.06




9. Die Türkei ist zu keinem Einlenken in der Zypern-Frage bereit

EU-Fortschrittsbericht 06

Zypern stellt EU-Gespräche mit der Türkei infrage

Auch das Europäische Parlament ermahnt Ankara. Die Verweigerungshaltung gegenüber Zypern müsse aufgegeben werden.

Von Manfred Pantförder

http://www.welt.de/print-welt/article155862/Zypern_stellt_EU-Gespraeche_mit_der_Tuerkei_infrage.html
„Mit dem kommenden EU-Fortschrittsbericht zur Türkei rückt das Zypern-Problem in den Fokus. Entgegen der Aufforderung der Gemeinschaft verweigert Ankara die Erfüllung von Pflichten, die es für die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen übernommen hatte. So öffnet die Türkei nicht Häfen und Flughäfen für griechisch-zyprische Schiffe und Flugzeuge. Sollte Ankara an dieser Verweigerung festhalten, droht ein Abbruch der Beitrittsgespräche, eine Aussetzung oder eine Reflexionsphase, wie von manchen vorgeschlagen. Die EU erwartet eine Klärung bis Ende des Jahres; eine Frist hatte sie der Türkei jedoch nicht gesetzt. Den Fortschrittsbericht will die EU am 8. November vorlegen.“

Auch die Abgeordneten des Europaparlaments kritisierten, dass Ankara Zypern die Anerkennung verweigert.

DIE WELT 28.09.2006

ERWEITERUNG

EU-Report stellt Türkei mieses Zeugnis aus

Schlechte Noten für Ankara: Im Fortschrittsbericht, der nächste Woche veröffentlicht werden soll, zeigt die Brüsseler Kommission einem Zeitungsbericht zufolge diverse Mängel auf. Angeprangert werden vor allem Verstöße gegen Menschenrechte und Meinungsfreiheit.



http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,445565,00.html
Einem Bericht der "Financial Times Deutschland" zufolge bemängeln die EU-Politiker vor allem zu geringe Fortschritte bei der Abschaffung der Folter und bei dem Versuch, Kontrolle über die Armee zu gewinnen.

Zudem gebe es für die Bürger keine ausreichende Chance auf freie Meinungsäußerung. Es gebe "Berichte über Fälle von Misshandlung und Folter, speziell außerhalb von Strafvollzugsanstalten". "Ermittlungen und Verurteilungen für die Äußerung gewaltfreier Meinung sind ein Grund für ernsthafte Besorgnis", zitiert die "FTD" aus dem ihr vorliegenden Entwurf des Berichts.


Weitere in dem Fortschrittsbericht angemerkte Mängel seien Korruption, der unzureichende Schutz von Minderheiten und die fehlende Unabhängigkeit der Justiz. Zudem kritisiert der Report, dass Ankara seine Häfen und Flughäfen nicht für zyprische Schiffe und Flugzeuge öffnet. Dazu ist es nach Ansicht der EU verpflichtet. Zypern hat bereits angedroht, alle Verhandlungen zu blockieren, bis das geschehen ist.
ler/AFP/dpa
SPIEGEL ONLINE 31.10.06

Europa

Kommentar: Regeln für die Türkei



Vor zwei Jahren fasste die Europäische Union einen folgenschweren Entschluss: Sie begann mit der Türkei über einen EU-Beitritt zu verhandeln und löste in der europäischen Bevölkerung eine Vertrauenskrise aus, in der eine der Ursachen für die Absage an die EU-Verfassung steckt.

http://www.welt.de/print-welt/article91433/Kommentar_Regeln_fuer_die_Tuerkei.html

Der Beginn offizieller Gespräche werde Ankara zwangsläufig in den Klub führen, so die dumpfe Furcht der Öffentlichkeit. Die meisten Politiker taten kaum etwas, um die Sorgen zu zerstreuen. Im Gegenteil: Immer wieder kamen sie der türkischen Regierung entgegen, wenn sie nur aggressiv genug auftrat. Dass die Türkei gleichzeitig bedeutende Reformen auf den Weg brachte, nahm die Bevölkerung nicht oder nur achselzuckend zur Kenntnis.

Zur gleichen Zeit sank in der Türkei die Euro-Begeisterung in dem Maße, in dem Ankara auf europäische Ablehnung stieß. Mittlerweile befürwortet nur noch ein Drittel der Türken eine Mitgliedschaft ihres Landes in der EU. Darüber hinaus belegen Meinungsumfragen: Die Türken werden nationalistischer und antiwestlicher. In dieser Lage ist der türkische Ministerpräsident Recip Erdogan fast gezwungen, das Tempo der Reformen zu verlangsamen. Gleichzeitig aber erwartet er Verständnis in Brüssel.

Doch wer Mitglied im europäischen Klub werden will, muss dessen Regeln beachten. Wer sie nicht einhalten kann, mag assoziierter Partner und enger Nato-Verbündeter bleiben, doch eben nicht Vollmitglied der Europäischen Union.



Jacques Schuster

DIE WELT 01.11.2006


In dem Fortschrittsbericht 06 wurden insbesondere „erhebliche Mängel bei der Abschaffung der Folter“, in Fragen der Pressefreiheit und der Domestizierung des Militärs, das den Primat der Politik nicht ausreichend zu respektieren scheine, aufgezeigt. Die im Fortschrittsbericht 06 geäußerten Zweifel hinsichtlich der nicht hinreichend demokratisch domestizierten Spitzenmilitärs wurden ein paar Wochen später bestätigt, als es um die Frage der Öffnung türkischer See- und Flughäfen für zyprische Schiffe und Flugzeuge ging. Da wurde die Hintergrundrolle des Militärs wieder einmal deutlich:
Ankara zeigt sich von der EU enttäuscht

Türkischer Ministerpräsident kritisiert teilweise Aussetzung der Beitrittsverhandlungen als unfair



Von Boris Kalnoky

http://www.welt.de/print-welt/article702218/Ankara_zeigt_sich_von_der_EU_enttaeuscht.html

Die teilweise Zurückstellung der Beitrittsverhandlungen sieht niemand als ein Ergebnis mangelnder politischer Reife der Türkei, sondern als Beweis für einen moralischen und politischen Bankrott der EU. Es gehe um Machtkämpfe innerhalb der EU. Dabei sei, so schrieb ein Kolumnist der Zeitung Milliyet, eine "Verschärfung der christlich-chauvinistischen Haltung" zu spüren, "mit Frankreich und Merkels Deutschland in der Hauptrolle". Diese "Konjunktur" sei für die Probleme der Türkei verantwortlich, nicht die Türkei selbst. Daneben gebe es andere Länder wie Großbritannien oder Spanien, die den türkischen Standpunkt verstünden.

In Wahrheit stecken dahinter innertürkische Machtkämpfe zwischen Erdogan mit seiner AKP und dem Generalstabschef Büyükanit, der öffentlich machte, er sei in der Zypernfrage weder informiert noch konsultiert worden.

„Die Militärs sind die Regierungspartei leid, weil sie zumindest Teile derselben verdächtigen, die Türkei (und das Militär) islamisieren zu wollen. Und der EU werfen sie vor, als einen der ersten Schritte des Reformprozesses die politische Entmachtung des türkischen Militärs zu fordern.“

DIE WELT 13.12.2006
Die internationale Presse kommentierte den Fortschrittsbericht 06 - nach einer Auswahl des DLF - u.a.

Deutschlandradio/DLF Mittwoch, 08. November 2006 12:50 Uhr

Im Blickpunkt der Kommentare stehen heute: Der Bericht der EU über den Beitrittskandidaten Türkei …
Im schwierigen Prozess um den EU-Beitritt der Türkei warnen die SALZBURGER NACHRICHTEN davor, das Land zu brüskieren:

"Im ersten Jahr nach der großen EU-Euphorie in Ankara hat sich gezeigt, dass der Reformprozess in der Türkei noch keineswegs unumkehrbar ist. In dem kulturell zerrissenen Land sind sowohl die nationalistischen als auch die islamistischen Kräfte auf dem Vormarsch. Zugleich gibt es genug Warnzeichen, welchen Weg eine auf sich allein gestellte Türkei gehen könnte. Das Verhältnis zwischen Washington und Ankara ist seit dem Streit im Irak-Krieg merklich abgekühlt. Nach der Enttäuschung über Europa hält Ankara nach anderen Allianzen Ausschau, knüpft Kontakte zu Russland und stärkt die Bande mit den islamischen Nachbarländern. Das Risiko wächst, dass der Westen die Türkei als seinen strategisch wichtigen Brückenbauer zur islamischen Welt verliert. Kein Zweifel: Das Ziel der EU muss eine möglichst enge Anbindung der Türkei an Europa sein", unterstreichen die SALZBURGER NACHRICHTEN.

 

Das KRISTELIGT DAGBLAD aus Dänemark meint dagegen:



"Der Widerwille gegen eine türkische EU-Mitgliedschaft wächst in Europa. Auch der neue Bericht der EU über den großen moslemischen Kandidaten ist von Skepsis geprägt: Nach wie vor ist Kritik am türkischen Staat verboten und die Religionsfreiheit im Land begrenzt. Die Türkei verletzt Menschenrechte, indem sie Gefangene foltert. Auch das EU-Mitglied Zypern erkennen die Türken immer noch nicht an. Die Vorstellung, die Türkei könne zu einer Brücke in die moslemische Welt werden, ist naiv: Im Karikaturenstreit und der Krise nach der Papstrede war das Gegenteil der Fall. Auch Ministerpräsident Erdogan hat den Streit noch angefacht. In der EU hat die Türkei deshalb nichts zu suchen", unterstreicht das KRISTELIGT DAGBLAD aus Kopenhagen.

 

In der polnischen Zeitung RZECZPOSPOLITA heißt es:



"Es wäre nicht gut, die türkischen EU-Beitrittsbemühungen vollständig zurückzuweisen. Eine gedemütigte Türkei, die sich enttäuscht von der EU abwendet und wohlwollend auf den fundamentalistischen Iran blickt, ist nicht das beste Szenario. Die Türkei muss belohnt werden für ihre Ausdauer und all die Reformen, die seit den Zeiten Atatürks durchgeführt wurden. Doch diese Belohnung muss nicht gleich eine EU-Mitgliedschaft sein. Um erfolgreich mit dem Westen zusammenzuarbeiten und sich den westlichen Werten anzunähern, muss die Türkei nicht zwangsläufig der EU beitreten", schreibt die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.

 

Die POSTIMEES aus Estland fordert mehr Ehrlichkeit in der Debatte um den EU-Beitritt der Türkei:


"Es ist kein Geheimnis, dass es vielen alten EU-Mitgliedsstaaten weder um die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei noch um die Lage Zyperns geht, sondern um eine befürchtete Masseneinwanderung – und diese Karte lässt sich billig und leicht im heimischen Wahlkampf ausspielen. Zwischen der EU und der Türkei läuft daher ein beidseitiges Blindekuh-Spiel: Die Türkei will in die EU, obwohl die öffentliche Meinung inzwischen skeptisch ist, und die EU verweist auf die Menschenrechte, obwohl es ihrer Bevölkerung um ganz andere Dinge geht. Und keiner hat den Mut, dieses Spiel zu beenden und damit den Teufelskreis zu durchbrechen", klagt POSTIMEES aus TALLINN.

 

Die französische LIBÉRATION wirft ein:



"Der große europäische Traum der Türken hat mittlerweile Blei in den Flügeln. Während die EU-Kommission ihren sehr kritischen Jahresbericht über die 'Verlangsamung der Reformen' und die Unzuverlässigkeit der türkischen Regierung veröffentlicht, erreicht auch der Euroskeptizismus in der Türkei Rekordwerte. Vor allem die jüngeren Leute klinken sich in dieser Frage immer mehr aus. Sie leben in einer Türkei in vollem Wirtschaftsboom. Dagegen versetzt sie 'Euroland' mit seinem schwachen Wachstum und seiner alternden Bevölkerung immer weniger in Träumereien", beobachtet die LIBÉRATION aus PARIS.

 

Zu Gelassenheit mahnt die türkische Zeitung POSTA:



"Der Fortschrittsbericht ist kein Gottes-Befehl, er ist eine Einladung zu Diskussionen und sollte deshalb auch nicht als Angriff auf das Türkentum verstanden werden. Selbst wenn er auch Übertreibungen und falsche Angaben enthält - es geht hier nicht um Leben und Tod. Wir sollten diesen Bericht nicht über- trieben ernst nehmen, er ist nichts anderes als ein Arbeitsblatt, das nicht veröffentlicht wird, um die Türkei zu beleidigen. Deswegen sollten wir auf den Bericht nicht gereizt reagieren. Wir sollten uns der Kritik stellen und aus unseren Fehlern lernen", schreibt die POSTA aus Istanbul.
Die Türkei weigert sich, die Verpflichtungen aus dem „Ankara-Protokoll“, die Öffnung ihrer Häfen und Flughäfen für zyprische Schiffe bis Ende 2006 zu erfüllen, weil die EU die als Gegenleistung für die Aufnahme Zyperns in die EU 2004 ohne Festsetzung eines Datums zugesagte Aufhebung des nach der türkischen Invasion in Nord-Zypern verhängten Embargos für den seit der Invasion unter türkischer Kuratel stehenden Nordteil der Insel noch nicht geleistet habe, Zypern aber nach seiner Aufnahme in die EU als nun mehr neues Mitglied die Aufhebung des Embargos aus innerzyprischen Gründen, u.a. Rückgabe von Landeigentum an aus dem Nordteil Zyperns geflüchtete griechische Zyprioten, blockiert. Der zyprische Außenminister sagte laut DIE WELT/SPIEGEL ONLINE vom 14.12.06: "Wir glauben fest daran, dass die Türkei ihre Verpflichtungen gegenüber der EU erfüllen muss, so, wie es andere Beitrittskandidaten in der Vergangenheit auch getan haben. Das ist für uns eine Frage des Prinzips, darüber darf es keine Kompromisse geben. Schließlich war es die Türkei, die um eine Aufnahme in die EU gebeten hat und nicht umgekehrt."

Die türkische Armee war in Nord-Zypern einmarschiert, um einem Plan nationalistischer griechischstämmiger Zyprioten zuvorzukommen, die offen für eine griechische Invasion auf Zypern plädiert hatten, um so den Anschluss ganz Zyperns an Griechenland zu erzwingen, was die Lage der türkischstämmigen Zyprioten im Norden des Landes wesentlich verschlechtert hätte.

EU-Parlamentariern und der EU-Kommission dämmert, dass die vorzeitige Aufnahme Zyperns ohne befriedigende Klärung der Zypern-Problematik ein Fehler war: "Wir haben da Mist gebaut. Während sich die türkischen Zyprioten nach dem UN-Referendum kompromissbereit zeigten, verhielt sich die griechische Seite unkooperativ - aber gegen sie hat man kein Druckmittel mehr, sie sind halt jetzt Mitglied." (DIE WELT 07.10.2006)
Die türkische Seite zeigt sich gespielt »irritiert«, dass die EU auf der im Ankara-Protokoll zeitlich genau fixierten Öffnung ihrer Häfen und Flughäfen für zyprische Schiffe und Flugzeuge bis Ende 2006 bestehe. Sie reklamiert als Einhaltung einer von ihr geforderten, aber zeitlich nie festgelegten zusagenden Absichtserklärung eine zuvor von der EU zu leistende wirtschaftliche Unterstützung des türkisch besetzten Teils Zyperns durch Zahlung von EU-Geldern.

Das von ihr so bezeichnete „Hochspielen“ der Armenier-Frage sieht sie als unfair an, weil keinem anderen Staat der EU so etwas auferlegt worden sei, die Franzosen sich z.B. nicht zu ihrer recht blutigen kolonialen Vergangenheit in Algerien bekennen mussten. Sie glaubt, dass insbesondere diese beiden Punkte Zypern- und Armenierfrage nur vorgeschoben werden, um sie aus der EU herauszuhalten, ohne als wortbrüchig zu erscheinen. Darum fragt sich eine zunehmende Zahl von Türken, warum die Türkei weiterhin auf eine Aufnahme ihres Landes in die EU drängen sollte.


Die KIELER NACHRICHTEN kritisieren das Vorgehen der Europäer:

"Inzwischen hat in der EU niemand mehr den Mut, offen zu sagen, dass die Türkei kein europäisches Land ist und deshalb jede Form der Zusammenarbeit wünschenswert wäre, nur nicht der Beitritt. Dem großen Krach mit Ankara zieht man eine jahrelange Verstimmung vor, wohl in der Hoffnung, dass die Türken selbst eines Tages von diesem Trauerspiel die Nase voll haben. Wenn sich die EU da mal nicht verrechnet."

KIELER NACHRICHTEN 06.12.06
Nach Ansicht der FRANKFURTER RUNDSCHAU ist das Zypern-Dilemma der EU hausgemacht:

"Hätte Brüssel den griechischen Inselteil nicht zum EU-Mitglied gemacht, obwohl dieser die Wiedervereinigung mit dem türkischen Norden gerade torpediert hatte - das Problem mit dem Ankara-Protokoll würde sich nicht stellen. So aber darf man den Türken abnehmen, dass sie sich zu Recht hintergangen fühlen, weil die EU Hilfe für - und ein Ende des Handelsembargos gegen Nordzypern zusagte, dieses Versprechen aber nicht einlöste,"

bemerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU (08.12.06).

10. Gastkommentar: Am Ende der Geduld


Von Mehmet Ali Birand

http://www.welt.de/print-welt/article157170/Gastkommentar_Am_Ende_der_Geduld.html
Der Autor, Chefredakteur des türkischen Fernsehsenders Kanal D, äußert die Ansicht: „Die Türkei ist mit einer pöbelhaften Behandlung konfrontiert, die keinem anderen Beitrittskandidaten widerfahren ist.“ Ständig hagele es Ablehnungen. Daher wachse die Zahl derer, die sich fragen, warum die Türkei so leidenschaftlich in die EU dränge.

„Manche erhoffen sich von den europäischen Standards der Demokratie, Menschenrechte und Freiheiten die Erfüllung ihrer religiösen Wünsche. Andere sehen gerade umgekehrt in der Europäischen Union eine Versicherung gegen die Entstehung eines religiösen Gottesstaates in der Türkei. Manche wünschen sich den Beitritt, um die Anerkennung der kurdischen Identität durch den türkischen Staat zu erzwingen, und manche meinen, dass nur durch die EU-Mitgliedschaft das ethnische Mosaik der Türkei zusammengehalten werden kann. Ein großer Teil der Türken will durch den Beitritt reicher werden. Die Arbeitslosen hoffen auf Arbeitsstellen. Die Privatwirtschaft hofft auf noch größere Märkte. Alle also hoffen auf eine Änderung, und ungebrochen ist das Bestreben, die Mängel und Schwächen des laizistischen und demokratischen Systems in der Türkei zu beheben.“

„Falls in manchen EU Ländern die Überzeugung fortdauern sollte, dass die Türkei einerseits sowieso im westlich-europäischen Netz ist, dass aber andererseits eine mohammedanische Türkei keinen Platz in Europa habe, dann werden sich die Türken auf die Suche nach einer neuen Welt begeben.“

DIE WELT 04.10.2006

Um das Dilemma um die ins Stocken geratenen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu lösen, schlägt die Politikwissenschaftlerin Bastian in DIE WELT vom 23.11.06 unter Hinweis auf vielfältige von der EU mit anderen Staaten geschlossene Kooperationsabkommen eine "graduelle Mitgliedschaft" der Türkei in der EU vor, aus der „den Drittstaaten nicht die Rechte der Vollmitgliedschaft, etwa die Übertragung der Unionsbürgerschaft, das Mitspracherecht in den Gemeinschaftsorganen der EU oder der Zugang zu unionsinternen Finanzinstrumenten [erwachsen; der Verf.]. Es leiten sich aber auch keine verbindlichen Pflichten für sie ab, die vor dem Europäischen Gerichtshof justiziabel wären, etwa die Einhaltung des Stabilitätspaktes der Wirtschafts- und Währungsunion.“ Die Europäische Nachbarschaftspolitik biete einen idealen Rahmen, um einen dritten Weg zu beschreiten, der nicht nur für die Türkei, sondern auch für die Ukraine und viele weitere Beitrittsinteressenten in der unmittelbaren Nachbarschaft infrage käme. „Er sähe so aus, dass diese Länder für sich selbst entscheiden, auf welchen Politikfeldern und in welcher Dichte sie mit der EU unterhalb der Schwelle der politischen Vollmitgliedschaft kooperieren wollen. Das höchste wirtschaftliche Ziel könnte die Zollunion sein, das die Türkei bereits 1995 erreicht hat. Das größte politische Ziel könnte in der Assoziierung mit der europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik liegen. Auch hier sind die EU und die Türkei bereits Partner. Der Status der graduellen EU-Mitgliedschaft würde den betreffenden Ländern die Freiheit lassen, mit anderen politischen Blöcken ähnliche Beziehungen einzugehen. Er würde also die Wahrung der nationalen Souveränität gewährleisten. Die EU könnte sich hingegen wieder stärker auf ihr eigentliches Projekt konzentrieren: die politische Integration. Diese setzt klare Grenzen für die Aufnahme von Vollmitgliedern voraus, erlaubt aber zahlreiche Formen der Kooperation über die Außengrenze hinaus.“
Ende November erklärte die finnische Ratspräsidentschaft der EU ihre Bemühungen um eine Einigung der EU mit der Türkei in der Zypern-Frage für gescheitert und forderte von den Regierungschefs der EU ein politisches Signal, dass die Türkei sich in dieser Frage bewegen müsse. Pressekommentare hierzu lauteten u.a.:
Die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND bezeichnet die Eskalation als "unglücklich":

"Natürlich kann es sich die EU nicht bieten lassen, dass das Nicht-EU-Mitglied Türkei seine Häfen für zyprische Schiffe sperrt und damit das EU-Mitglied Zypern faktisch nicht anerkennt. Doch der Streit hat eine Vorgeschichte, in der nicht die Türkei der Bösewicht ist. Es waren die griechischen Zyprer, die 2004 die Wiedervereinigung mit dem Nordteil der Insel ablehnten - in dem Wissen, dass ihnen als EU-Mitglied daraus kein Nachteil erwächst. Die Türkei andererseits kann ohne Zustimmung des griechischen Zypern nun nicht mehr beitreten. Es wäre deshalb unfair und unangebracht, die Verhandlungen jetzt an der Zypern-Frage scheitern zu lassen", kommentiert die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND.

DLF 28.11.06

Die TAGESZEITUNG erinnert an die Geschichte der ungelösten Zypern-Frage:

"Gestern hat sich noch einmal bestätigt, dass die Beitrittsgespräche der Türkei mit der EU im vergangenen Jahr mit einem Geburtsfehler gestartet wurden. Wider besseres Wissen hat die EU vor zwei Jahren Zypern zum Vollmitglied gemacht, ohne zuvor auf der Wiedervereinigung der beiden Inselhälften zu bestehen. Wer jetzt so tut, als weigere sich die Türkei, ein beliebiges, normales EU-Land anzuerkennen, der stellt den Staats- und Regierungschefs der EU ein politisches Armutszeugnis aus. Es kann kaum verwundern, dass die meisten Türken dahinter nichts anderes als einen willkommenen Vorwand vermuten, die Verhandlungen, die mittlerweile eine Mehrheit in der EU sowieso nicht mehr will, im Sande verlaufen zu lassen", heißt es in der TAZ.

DLF 28.11.06


Und die türkische Zeitung SABAH sieht es so:

"Weil von Ankara das Unmögliche gefordert wurde, musste die finnische Initiative in der Sackgasse enden. Jetzt wird es in den europäischen Medien immer wieder heißen, dass die Gespräche deswegen gescheitert seien, weil die Türken sich geweigert hätten, den Zyperngriechen ihre Häfen zu öffnen. Und die antitürkischen europäischen Politiker werden sich hinter diesem Argument verstecken. Es hat keinen Sinn, ihnen zu erklären, dass die Krise von nicht eingelösten Versprechen der EU zu Nordzypern und von der überzogenen Unterstützung der Inselgriechen herrührt", bemerkt SABAH aus Istanbul.

DLF 28.11.06

11. Mehr Orientexpress als Schnellzug


http://www.europa-digital.de/aktuell/dossier/tuerkei/bericht06.shtml
Der Forschrittsbericht ist eine politische Warnung an die Türkei. Insbesondere die Zypern-Frage (»Letzte Schonfrist für Ankara«) bleibt heikel: Die Europäische Kommission räumt der Regierung in Ankara eine letzte Schonfrist ein, dem so genannten »Ankara-Protokoll« nachzukommen. Im Juli 2005 hatte sich die türkische Regierung in diesem Protokoll bereit erklärt, die seit 1995 bestehende Zollunion auch auf Zypern auszudehnen. Geschehen ist bisher nichts: Zypriotische Schiffe dürfen türkische Häfen nicht anlaufen.

Nach dem Bericht der Europäischen Kommission seien weitere Reformen dringend notwendig. Insbesondere müsse die Meinungsfreiheit in der Türkei garantiert werden. Artikel 301 des türkischen Strafgesetzbuches müsse abgeschafft oder zumindest geändert werden, um den europäischen Standards zur Meinungsfreiheit zu entsprechen. Auch andere Bereiche des türkischen Strafgesetzbuches würden zur Einschränkung der Meinungsfreiheit benutzt.

Gerichtsverhandlungen gegen Zivilpersonen sollen nach einer türkischen Gesetzesänderung vom Juni 2006 nicht mehr vor Militärgerichten stattfinden.

Die Rolle der Militärs solle zurückgedrängt werden, das Militär solle unter der Kontrolle zivilen Autoritäten stehen, die „ihre Überwachungsfunktion ausüben sollten“.

Trotz gestiegener Aufmerksamkeit um die Lage der Frauen in der Türkei lasse die Umsetzung bestehender Gesetze zur Stärkung der Rechte der Frauen zu wünschen übrig.

Die Europäische Kommission prangert Missstände im Bereich der »Ehrenmorde« an Frauen an. Weiterhin müsse die Anzahl an »Frauenhäusern«, die Opfern häuslicher Gewalt Schutz bieten, weiter erhöht werden.


Die Türkei hat ihre Politik im Bereich des von der EU verlaangten Minderheitenschutzes nicht geändert. Laut Kommissionsbericht verstehen türkische Behörden unter dem Begriff der »Minderheit« ausschließlich nicht-muslimische Religionsgemeinschaften, nicht aber die kurdische Bevölkerung so der.

Auch im Kulturbereich, insbesondere hinsichtlich der kurdischen Sprache, seien nur sehr geringe Fortschritte zu erkennen. Zwar wurden Fernseh- und Radiosendern erlaubt, in kurdischer Sprache zu senden, dennoch sind zeitliche Beschränkungen einzuhalten. Die Sendungen müssen zudem fast alle eine türkische Untertitelung/ Übersetzung aufweisen, was live Sendungen technisch sehr aufwendig gestaltet. Bildungsprogramme in kurdischer Sprache sind nicht erlaubt.

Erstveröffentlichung am 13.11.2006.


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