183
Um das Anliegen Informatikförderung in der Schule voranzubringen, müssen oben
stehende verwandte Anliegen ebenfalls berücksichtigt und eingeordnet werden,
denn
n
Aussenstehende unterscheiden diese verwandten Anliegen selten,
n
ein Wettkampf um Unterrichtsstunden zwischen diesen verwandten Anliegen
soll verhindert werden.
Ein Problem besteht nun darin, dass in Schulkreisen bisweilen alle diese Aspekte
unter Informatik subsumiert werden oder in bestehenden Unterrichtsgefässen na
mens vermittelt werden. Es bestehen zudem keine einheitlichen und anerkannten
Bezeichnungen für die Aspekte A bis E.
Unterschiedliche Begriffswelten
Selbst wenn man die historische Dimension (mit EDV, IKT, NIKT usw.) weglässt,
existieren derzeit in der Bildungslandschaft für den Informatikbereich verschiedene
Begriffswelten. Allein in der deutschsprachigen Schweiz lassen sich mindestens für
folgende Schultypen eigene Begriffswelten ausmachen:
n
Volksschule
n
Gymnasien
n
Berufsbildung
n
Allgemeinbildender Unterricht (ABU)
n
Kaufmännische Berufsbildung
n
Informatikberufe
1 Begriffswelt Volksschule Deutschschweiz
In der Volksschule geht es nicht um Informatik als (wissenschaftliches) Fach
(Aspekt A). Trotzdem wird unter Lehrpersonen der Begriff Informatik noch
gelegentlich auch für die Aspekte B bis E verwendet. Meist und vor allem in
offiziellen Dokumenten hat sich aber inzwischen der Begriff ICT eingebürgert
als Sammelbegriff für die Aspekte B bis E. So enthalten zahlreiche aktuelle
Volksschullehrpläne, Lehrplanergänzungen und Handreichungen den Begriff
ICT:
n
2004: ICT an der Volksschule: Lehrplanergänzung Zentralschweiz
n
2005: Erfolgreich unterrichten mit Medien und ICT (Kanton Zürich)
n
2007: Strategie der EDK im Bereich Informations und Kommunikations
technologien (ICT) und Medien
Informatik, ICT und Medienbildung
184
n
2007: Stufenübergreifendes ICTEntwicklungskonzept für die Schulen des
Kantons Solothurn
n
2010: Fachbereich ICT und Medien im Lehrplan 21
Diese Begriffsverlagerung widerspiegelt sich zum Beispiel auch in Domainna
men. So wurde im Kanton Zürich aus www.schulinformatik.ch die neue Adresse
eduict.zh.ch.
Aktuell erscheint ein neuer Begriff am Horizont: Medienbildung. Auf der Web
site der PH Zürich ist der Begriff folgendermassen definiert:
25
«Die Herausforderungen der Medien- und Informationsgesellschaft gehören
heute zu den zentralen Aufgaben von Schule und Erziehung. Medienbildung
vermittelt die Kompetenzen, um sich in dieser Medien- und Informationsge-
sellschaft sachgerecht, selbstbestimmt, kreativ und sozial verantwortlich zu
verhalten.
Der Begriff ersetzt zum einen die früheren Begriffe Medienerziehung (die sich
auf traditionelle Medien wie Film, Zeitung, Fernsehen, Fotografie ausrichtete)
und Informatik bzw. Schulinformatik (die sich mit Computer bzw. digitalen
Medien befasste). Zum anderen weist er auf die Bildungstradition hin. Medien-
bildung hat Selbstbestimmung und umfassende Mündigkeit zum Ziel.
Medienbildung umfasst daher ausdrücklich nicht nur Fertigkeiten in der Nut-
zung von Medienbeiträgen, sondern auch die Fähigkeit, Medieninhalte oder
gar Mediensysteme kritisch und kompetent zu reflektieren, Medienwirkungen
zu erkennen oder selbst kompetent eigene Medienbeiträge zu produzieren.»
Zusammenfassend kann für die deutschsprachige Volksschule folgende Begriffs
entwicklung beobachtet werden:
Abb.6
Begriffsentwicklung
ICT
Medienbildung
(Schul)-
Informatik
Informatik, ICT und Medienbildung
EF-Informatik
Informatik
ICT
IKA
185
Da der Aspekt A in der Volksschule praktisch keine Rolle spielt, existiert dafür
in der Volksschule auch keine Bezeichnung. In Fachkreisen wächst das Bewusst
sein für die Existenz eines Aspekts A, der dann als Informatik oder echte Infor
matik bezeichnet wird.
2 Begriffswelt Gymnasien Deutschschweiz
An Gymnasien wird Informatik oft als Bezeichnung für einzelne Aspekte von A
bis E oder eine Kombination mehrerer Aspekte verwendet. Die Einführung des
Ergänzungsfachs Informatik hat an diversen Gymnasien dazu geführt, dass nun
EFInformatik (für den Aspekt A) neben Informatik (für die Aspekte B bis E) in
den Stundenplänen steht. Auch der Begriff ICT ist in Gymnasien verbreitet für
die Aspekte B bis E.
3 Begriffswelt Berufsschulen Allgemeinbildender Unterricht
Deutschschweiz
Im allgemeinbildenden Unterricht der gewerblichen Berufsschulen spielen ICT
und Informatik keine grosse Rolle und werden im Lehrplan nur marginal er
wähnt, demzufolge existiert auch kein entsprechender Begriff.
4 Begriffswelt Kaufmännische Berufsbildung / Detailhandel
In der kaufmännischen Berufsbildung existiert ein Fachbereich IKA, der Unter
richt in Information, Kommunikation und Administration umfasst.
Abb.7
Begriffswelt im Gymnasium
Abb.8
Begriffswelt kaufmännische Berufsbildung
Informatik, ICT und Medienbildung
186
5 Begriffswelt Berufsbildung ICT-Berufe
In der Berufsbildung ICTBerufe wird zur Bezeichnung des Themenfelds zuneh
mend der Begriff ICT statt Informatik verwendet. Entsprechend nennt sich der
2010 gegründete Verband ICTBerufsbildung Schweiz und definiert sich selbst
wie folgt:
«ICT-Berufsbildung Schweiz ist die landesweit tätige Organisation der Arbeits-
welt (OdA) für das Berufsfeld der Informations- und Kommunikationstechno-
logie (ICT).»
26
Der Verband setzt konsequent auf den Begriff ICT. So enthalten zwei der vier
neuen Lehrabschlüsse den Begriff ICT und nicht mehr Informatik:
n
Eidg. Fachausweis ICTApplikationsentwicklung
n
Eidg. Fachausweis ICTSystem und Netzwerktechnik
n
Eidg. Fachausweis Wirtschaftsinformatik
n
Eidg. Fachausweis Mediamatik
Auch im Webauftritt ist von ICT und nicht von Informatik die Rede:
Abb.9
ICT-Berufsbildung
27
Informatik, ICT und Medienbildung
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